Die VermögensfrageWenn Kinder zu Geld kommen
Geld gilt als das häufigste und beliebteste Geschenk bei Kindern. Doch der Umgang damit hat einige Tücken. Die Wahl der richtigen Anlageformen für den Nachwuchs ist dabei besonders wichtig.
26.11.2016, von DANIEL MOHR
Die Commerzbank bietet „Hipp Mein Baby Sparbuch“ und das „Scout Schüler-Sparkonto“. Die Comdirect verschenkt ein Schaukelschaf oder Lego für die Eröffnung eines Junior-Depots. Die Banken versuchen sich an Erfindungsreichtum, wenn es darum geht, Kinder schon an der Wiege für ihre Finanzprodukte zu gewinnen. Das ist verständlich, schließlich gibt es oft diverse Verwandte, die dem Kind Geld zukommen lassen wollen.
Die Eltern sollten dabei jedoch eine wichtige Unterscheidung treffen. Ein eigenes Konto ist für das Kind eine gute Übung für den Umgang mit Finanzen. Wenn es älter wird, bekommt es eine Girokarte, ist auf Klassenfahrten unabhängiger, und die Konditionen für ein solches Konto sind oft günstiger als für ein Erwachsenenkonto.
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Doch es bleibt immer das Konto des Kindes. Als Sparkonto zur Finanzierung von Ausbildung und Studium ist es daher ungeeignet. Die Rechtsprechung ist eindeutig: Eltern schulden ihren Kindern einen angemessenen Lebensunterhalt, und dieser ist von den Eltern aufzubringen und nicht aus dem Vermögen der Kinder zu tragen. Das gilt auch dann, wenn das Konto für die Kinder ausdrücklich zu dem Zweck angelegt wurde, damit Verwandte den Kindern darauf Geld zukommen lassen können, um die Eltern in die Lage zu versetzen, davon Möbel, den Führerschein oder das Studium zu bezahlen.
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Wichtige Rücklagen
Bis zum 18. Geburtstag haben die Eltern zwar eine Vollmacht für das Kinderkonto, dürfen das Geld aber nicht einfach für den Lebensunterhalt ausgeben, wenn das Kind dem nicht ausdrücklich zustimmt. Nach dem 18. Geburtstag kann das Kind mit dem Geld dann machen, was es will. Anspruch auf die Finanzierung von Ausbildung und Studium hat es aber auch dann noch, wenn es sein gesamtes Geld für eine Weltreise ausgegeben hat. Einmal verschenktes Geld gehört dem Kind.
Wer sich also nicht ganz sicher ist, ob sein Kind mit 18 sorgsam mit Geld umgehen kann, sollte lieber auf einem eigenen Konto eine Rücklage für Ausbildung oder Studium der Kinder bilden. Das hat zudem einen zweiten Vorteil. Wenn das Kind einen Antrag auf Bafög stellt, spielt das Vermögen des Kindes eine entscheidende Rolle. Das Vermögen der Eltern bleibt hingegen unberücksichtigt. Vermögensübertragungen in zeitlicher Nähe zum Bafög-Antrag sind nicht zulässig und werden streng kontrolliert. Bis zu 7500 Euro Vermögen darf ein Bafög-Antragsteller haben. Dazu zählt aber auch ein Auto, wenn es schon abbezahlt ist und auf den Namen des Kindes angemeldet ist. Haushaltgegenstände und Möbel gehören nicht zum Vermögen.
Gleichwohl ist es sinnvoll, für Ausbildung oder Studium der Kinder vorzusorgen. Schließlich ist dies der teuerste Zeitraum, den Eltern für ihre Kinder zu bezahlen haben. Abzulesen ist dies auch in der Düsseldorfer Tabelle, in der Unterhaltsansprüche festgelegt sind. Die Sätze sind für Kinder ab 18 Jahren mehr als 50 Prozent höher als für Kleinkinder und betragen je nach Einkommen zwischen 527 und mehr als 800 Euro im Monat. Für Kinder mit eigenem Haushalt, zum Beispiel während Studium und Ausbildung, wird ein Unterhaltsbedarf von in der Regel 735 Euro für angemessen gehalten, davon 300 Euro als Warmmiete.
Kostspielige Ausbildung
Daran orientiert, kommen für drei Jahre Ausbildung 26.460 Euro zusammen. Für ein Studium von fünf Jahren Dauer sind es 44100 Euro. Wer zudem mehrere Kinder hat, ahnt, dass dies nicht aus der Portokasse zu bestreiten ist. Mit solchen Zahlen versucht die Finanzbranche gerne Ausbildungsversicherungen zu verkaufen. Davon ist in der Regel abzuraten. Es handelt sich dabei meist um kapitalbildende Lebens- oder Rentenversicherungen, oft mit Fondsinvestments, deren Hauptcharakteristikum hohe Kosten sind. Je mehr Aspekte in einem Produkt zusammengepackt werden, zum Beispiel Todesfallschutz, Unfallschutz, Altersvorsorge, teilweise sogar Krankenzusatzversicherungen, desto schöner und bunter wirkt zwar die Verpackung, in der können aber auch wunderbar hohe Kosten untergebracht werden.
Klarer und einfacher sind klassische Sparkonten und Sparpläne. Wer sich von den Werbebotschaften des „Hipp Mein Baby Sparbuch“ der Commerzbank nicht abschrecken lässt, findet für Kinder bis zu drei Jahren ein derzeit mit immerhin 0,55 Prozent verzinstes Sparbuch für Anlagesummen bis 10.000 Euro plus 20 Euro Startguthaben. Mit fünf bis zehn Jahren kann es ein „Scout Schüler-Sparkonto“ geben mit denselben Konditionen. Das Startguthaben erhält allerdings nur derjenige, der einen entsprechenden Gutschein aus einem neuen Scout-Ranzen vorlegt. Das Sparkassen-Kids Konto der Frankfurter Sparkasse wird mit 0,2 Prozent höher verzinst als die normalen Sparkonten der Sparkasse (0,05 Prozent). Das Extra-Konto Junior der ING Diba wird, wie für alle Neukunden, zunächst vier Monate mit 1 Prozent verzinst, danach mit 0,35 Prozent.
Anlageformen im Vergleich
Der Blick auf die Zinssätze zeigt, dass bei dieser Anlageform nur das Einüben regelmäßigen Sparens im Vordergrund stehen kann, weniger der Vermögensaufbau durch renditestarke Geldanlage. Der Zinseszinseffekt kann bei diesen Zinssätzen seinen Charme jedenfalls kaum entwickeln. Viele Banken bieten daher auch Depots für Kinder an. Die ING Diba berichtet von 56.000 Junior-Depots mit etwa 13.000 Sparplänen mit monatlichen Raten von durchschnittlich 111 Euro. Ein Sparplan auf einen Indexfonds (ETF) kostet 1,75 Prozent. Wer also monatlich 100 Euro einzahlt, führt 1,75 Euro an die ING Diba ab. Hinzu kommen die Fondsgebühren, die bei ETFs zum Beispiel auf den Daxoft nur 0,1 Prozent betragen. Noch günstiger geht es bei der Comdirect, die standardmäßig mit 1,5 Prozent eine ähnliche Gebühr für ETF-Sparpläne verlangt. Für 45 „Top-Preis-ETFs“ sind Sparpläne jedoch gebührenfrei. Dazu zählen ETFs auf Standardaktienindizes wie Dax, Euro Stoxx 50 oder F.A.Z.-Index, aber auch auf breitgestreute Indizes wie MSCI World und Stoxx 600 sowie Rohstoffe und Anleihen.
Die Banken bieten auch Sparpläne auf klassische Fonds mit Fondsmanagement. Diese sind jedoch teurer, aber nur selten besser als Fonds, die bloß einen Index nachbilden. Hier verlangen die Banken auch bei Sparplänen oft den vollen Ausgabeaufschlag von 5 Prozent. Von 100 Euro monatlicher Sparleistung gehen also gleich 5 Euro verloren. Selbst die Direktbanken bieten hier meist nur Vergünstigungen von höchstens 50 Prozent. Weniger als 2 Prozent Ausgabeaufschlag sind daher eine Seltenheit. Hinzu kommen die dem Fonds eigenen internen Gebühren von oft 1,5 Prozent. Generell vor einem Fondskauf kann der Blick auf www.fondsdiscount.de nicht schaden. Dort werden viele Fonds mit Rabatten angeboten.
Bausparvertrag lohnt sich
Ein Depot muss dabei nicht nur für einen Sparplan genutzt werden. Es können auch sonst Wertpapiere erworben oder zu besonderen Anlässen Wertpapiere geschenkt werden. Von einer BMW- oder Disney-Aktie hat der Nachwuchs im Laufe der Zeit wahrscheinlich mehr als von einem silbernen Löffel oder ein paar Gramm Gold.
Eine weitere Möglichkeit, Geld für den Nachwuchs rentierlich anzulegen, kann ein Bausparvertrag sein. Dies lohnt vor allem ab dem 16. Geburtstag, weil ab dann Anspruch auf Wohnungsbauprämie besteht. Sie beträgt 8,8 Prozent der Sparleistung, maximal aber 45 Euro im Jahr. Das jährliche Einkommen darf nicht mehr als 25.600 Euro betragen. Oft gibt es zudem Rabatte auf die Abschlussgebühr oder spezielle Aktionen für junge Bausparer.
Neben Sparkonten und Depots ist ab einem bestimmten Alter der Kinder auch die Nutzung eines Girokontos sinnvoll. So bietet die Deutsche Bank „Das Junge Konto“ kostenfrei vom siebten bis 30. Geburtstag, derzeit verzinst mit 0,1 Prozent und ausgestattet mit einer Bankkarte, die das kostenlose Abheben von Bargeld auch zum Beispiel bei Klassenfahrten im Ausland ermöglicht. Der Verfügungsrahmen kann von den Eltern festgelegt werden. Viele Volks- und Raiffeisenbanken bieten ein mitwachsendes Girokonto (VR-Mein Konto). Von 0 bis 11 Jahren wird es als Taschengeldkonto geführt und bis zu 2000 Euro mit 2 Prozent ordentlich verzinst. Von 12 bis 17 Jahren kommen Online-Banking, Juniorkredit- und Girokarte hinzu. Die Verzinsung beträgt bis 250 Euro sogar 6 Prozent und für die nächsten 250 Euro 1 Prozent. Von 18 bis 25 Jahren bleibt das Konto kostenlos, erhält auf Wunsch einen Dispo (derzeit 8,5 Prozent Sollzins) und eine normale Kreditkarte. Auch die Comdirect versucht die Kinder mit speziellen Visakarten für Minderjährige an den Umgang mit bargeldlosem Zahlen zu gewöhnen. Das „Junior Giro“ kann für Kinder ab sieben Jahren eröffnet werden. Eine Kontoüberziehung ist nicht möglich. Eine spezielle App (Mobox) führt Kinder an den Umgang mit Geld heran.
Gesetzgeber schützt vor bösen Fehlgriffen
Vor allzu bösen Fehlgriffen schützt zudem der Gesetzgeber die Kinder im Taschengeldparagraph 110 BGB. „Kleinere Einkäufe im Rahmen eines angemessenen Taschengeldes sind für Kinder ab sieben Jahren möglich“, sagt Inge Saathoff, Fachanwältin für Familienrecht aus Oldenburg und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). „Ratenzahlungsverträge oder Dauerschuldverhältnisse wie ein Fitnessstudio- oder Handyvertrag sind aber in der Regel nicht wirksam, auch wenn die Einzelrate vom Taschengeldbudget gedeckt werden kann.“ Sie gelten als schwebend unwirksam bis zur Zustimmung der Eltern. „Das gilt auch für größere Ausgaben, die nicht im Rahmen des üblichen Taschengeldes liegen, selbst wenn die Oma oder Tante den Kindern das Geld zu einem bestimmten Zweck geschenkt hat“, sagt Saathoff. In Vermögensfragen werden Kinder von ihren Eltern vertreten. Nur über das Taschengeld können sie frei verfügen. Will die Oma später einmal die Ausbildung des Kindes bezahlen, ist dieses Schenkungsversprechen nur in notarieller Form wirksam.
Erbschaften an minderjährige Kinder sind auch möglich. Diese dürfen aber nur in Geld erfolgen. Ansonsten werden Familiengerichte sie ablehnen. So wäre eine Immobilie mit allerlei Pflichten verbunden, die Minderjährigen nicht zugemutet werden können. Die sauberste Lösung ist es, einen Testamentsvollstrecker einzusetzen. Das können auch die Eltern sein. Das Testament sollte genaue Anweisungen enthalten, was mit dem Geld zu tun ist und wann es den Erben frei zur Verfügung steht, zum Beispiel am 27. Geburtstag oder nach Abschluss eines Studiums.